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Hefe selber herstellen

Wir zeigen dir eine gesunde Hefe-Alternative, die du ganz einfach selbst machen kannst.

Phantasie, die Hefe im Kuchenteig.

Manfred Hinrich

Kannst du dich noch an die erste Zeit der Pandemie erinnern? Durch Hamsterkäufe gab es keine Hefe mehr, alle Regale leer. Über Wochen. Ha, für uns nicht, denn wir machen schon seit Jahren Hefe selbst. Ja, eben wie im Zitat oben, mit Phantasie und Know-How. Das zeigen wir dir heute.

Bei uns zischt und brodelt es wieder. Nachdem wir Kastanien- und Efeuwaschmittel hergestellt haben, bei denen es auch um blubbernde Bläschen ging, nun etwas zum Backen:

Hefewasser oder Wilde Hefe

Hefewasser ist eine natürliche Alternative zu industriell hergestellter Hefe, auch für Sauerteig. Als Resultat hast du ganz natürliche Hefe, die aus Mikroorganismen entsteht, die sich auf dem verwendeten Anstellgut befinden und sich von Honig/ Zucker nähren. Die Mikroorganismen sind es, die alkoholische Gärung, die die Basis fürs Brotbacken ist, in Gang setzt.

Im Grunde ist Hefewasser nichts anderes als Fermentwasser: Das kannst du mit verschiedenen Früchten, mit Beeren, Gemüsesorten, ungiftigen Blüten, mit Getreide oder Kräutern ansetzen Im Prinzip klappt es mit allem, was in der Natur wächst und ungiftig ist. Ausnahmen sind hier nur lediglich Ananas, Papaya, Kiwi und Mango, denn die enthalten spezielle Enzyme, die eine Fermentierung quasi verhindern. Am einfachsten geht es zu Hause, wenn du keinen eigenen Garten hast, mit Trockenfrüchten, jedoch nur unbehandelte, soll heißen ungeschwefelt und ungeölt. Am besten gelingt es mit Datteln, finden wir, oder mit guten Bio-Rosinen und Äpfeln.

Warum sollte man Hefewasser herstellen?

Hefewasser ist bei uns noch nicht solange bekannt wie die Hefe selbst und deren Anwendung, sondern entspringt wahrscheinlich eher dem Wunsch im Rahmen einer alternativen Bio-Ernährung weniger industriell Hergestelltes zu nutzen. Jedoch gibt es im asiatischen Raum den Einsatz von Hefewasser seit Jahrhunderten. Dort trinkt man viel Fermentiertes, etwa Tee, der mit einem SCOBY geimpft und so zum berühmten Kombucha wird. Im SCOBY sind neben bestimmten Bakterien auch Hefen enthalten, die alles zum Sprudeln bringen. Hier findest du alles zu unserem Fermentwasser für deine Gesundheit oder Erfrischung, als DIY-Limo.

Doch lohnt der Aufwand, obwohl doch Hefe im Laden ziemlich preiswert ist? Wenn es sie gibt….

Eines steht jedoch fest: Diese Wildhefe ist wesentlich bekömmlicher, als industriell hergestellte Hefe. Das kann ich eindeutig bestätigen. Wenn mir Gebäck mit viel Hefe schon mal Bauchschmerzen und Übelkeit bereitet, habe ich das bei Hefewasser nie. Auch die anderen Biodayler:innen meinen, dass sie die eigene Hefe viel besser vertragen. Sie belastet irgendwie nicht, speziell nach dem Essen von warmem Hefeteig, wie Pizza. Beispielsweise bei Histaminintoleranz werden Backwaren mit Hefewasser besser oder sogar gut vertagen als industriell hergestellte Hefe.

Das soll wohl hauptsächlich an sog. FODMAP’s liegen, das sind spezielle kurzkettige Kohlenhydrate und Zuckeralkohole: Sie werden jedoch im Dünndarm nur unzureichend verdaut, gelangen in den Dickdarm und dort verursachen sie häufig Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Sodbrennen und Übelkeit. Es gibt sogar schon spezielle FODMAP-Diäten.

Slow Baking mit Hefewasser

Gerade industriell hergestellte Brote bringen die Darmschwierigkeiten mit sich, das soll vor allem daran liegen, dass diese Brote kaum Teigruhezeiten haben. Je länger ein Teig jedoch geht bzw eben ruht, desto besser verträglich ist er. Und Teig mit Hefewasser braucht einfach seine Zeit

Herstellung von Hefewasser

Fangen wir nun einfach an. Du wirst sehen, es löst quasi wie einen Tamagotchi-Effekt aus, denn du musst dich 8 – 10 Tage lang um dein Hefewasser „kümmern, nicht viel keine Sorge, aber doch morgens und abends schütteln. Aber es ist auch witzig zu sehen, wie sich alles verändert: Erst ist es glasklares Zuckerwasser, unten mit Trockenobst o.ä. . Am nächsten Tag ist es schon verfärbt und beim Schütteln steigen auch schon Bläschen hoch, es riecht nun auch fruchtig und lecker. Das steigert sich dann täglich, bis wirklich eine sprudelnde Flüssigkeit entsteht, die ein wenig wir Cidre riecht.

Und so geht du vor:

1. Tag: Du brauchst am besten einen Glasbehälter mit Deckel. Wir haben zuerst ein Bügelglas genommen, jetzt nehmen wir einfach ehemalige Passata-Flaschen mit Deckelchen, gut und heiß gespült natürlich. Da hinein kommt 1 EL bzw 20-25g Süßung: Das kann Honig sein oder Rohrzucker, mit dem Haushaltszucker haben wir keine guten Erfahrungen gemacht. Dann 500ml Wasser, vielleicht nicht zu kalt. Nun gibst du das Obst/Gemüse/what ever als sog. Anstellgut dazu: Bei frischem Obst ist etwa 150g nötig. Du kannst z.B. von Äpfeln einfach nur die Schale oder das Kerngehäuse nehmen. 3-4 El nimm als ungefähres Maß für getrocknetes Anstellgut. Das dann ansetzen, Deckel drauf, vorsichtig schütteln, damit alles verteilt ist und warm stellen. Nach einem halben Tag mit der Tamagotchi-Pflege beginnen: Schütteln, Verschluss öffnen und wieder schließen. 2.- 8. Tag: Morgens schütteln, Verschluss auf -ZISCH – Verschluss zu, abends wieder. Die Anzahl der Tage versteh bitte nur als Richtwert, denn es kann auch schon nach dem 5. Tag genug sein: Je nach Außentemperatur und Stärke des Hefepilzes auf dem Anstellgut.

Auf den Bildern kannst du die unterschiedlichen Stadien sehen, bis es schäumt und sprudelt: Ach, ihr lieben Wirk-Bakterien blubbert zuverlässig vor euch hin!

Achtung: Wenn es irgendwie modrig riecht, ist etwas schief gegangen. Dann kann man das Wasser nur wegschütten. Uns ist das aber noch nie passiert. Insbesondere nicht, weil wir eben wirklich regelmäßig Schüttelzeiten einhalten. So kann sich auch kein Schimmel bilden.

Jetzt kannst du es verwenden.

Wir haben es getestet und sind begeistert: Bislang sind alle Rezepte, die wir ohne „Industriehefe“ herstellten, mehr als nur gelungen: Der Geschmack des Weißbrotes z.B. ist sensationell, die Textur erstaunlich gut, das Brot geht im Ofen so herrlich auf, dass das Brot innen einfach saftig-porig ist und außen wunderbar knusprig.

Am besten nimmst du dein Hefewasser als Flüssigkeitsersatz beim Backen. Hefe weglassen. Nun den Teig kneten und gehen lassen. Wie oben erwähnt braucht der Teig mehr Gehzeit. Mindestens 4 Stunden, besser mehr. Fertig ist es, wenn er deutlich aufgegangen ist. Ich lasse ihn meist über Nacht gehen, zugedeckt mit einem ganz leicht angefeuchteten Tuch, damit er nicht austrocknet.

Toll ist der Teig auch als Ersatz für Sauerteig. Dafür musst du, je nach Rezept, das du hast, einen Teil deines Mehl mit dem Hefewasser verrühren und 12 – 18 Stunden ruhen/gehen lassen. Resultat ist ein wunderbar schmackhaftes, poriges Brot.

Wir haben das auch für Pizza so gemacht…. Lecker, genial.

Aufbewahrung und Vermehrung

Du stellst dein Blubber-Hefewässerchen nun verschlossen in den Kühlschrank, dort hält es sich problemlos für mehrere Wochen. Du kannst dein Anstellgut rausfiltern oder auch drin lassen. Ich esse es immer auf: Lecker-brausig, nicht süß! Du solltest vom Hefewasser immer mindestens 100 g zurückhalten, um so neues Hefewasser zu produzieren, also wieder von vorne beginnen. Jetzt brauchst du aber nur so 2-4 Tage warten. Wenn du Glück hast und alles richtig gemacht hast 🙂 , nimmt die Kultur von immer mehr an Triebkraft zu. Als Dank, ein wenig….. 🙂

Rezepte mit Hefewasser

Wir erarbeiten zur Zeit verschiedene Rezepte, auch als Ersatz für Backpulver. Und wir experimentieren mit unterschiedlichem Anstellgut: Zur Zeit mit Rosinen, getrockneten Aprikosen sowie Datteln. Am 2. Tag hatten bei uns die Datteln schon „die Nase vorn“: Da sprudelte es schon deutlich nach dem Schütteln.

Brot- und Pizzarezepte

Wir testen und es blubbert weiter bei uns. Wir werden auf unserer Seite immer mehr Brot- und Pizzarezepte einstellen. Alle werden mit Wilder Hefe zubereitet. Dafür werden wir Rezepte abwandeln müssen.

Ich weiß es noch: Als wir vor etlichen Jahren Auswanderungspläne schmiedeten, auch für Aufenthalte über eine befristete Zeit, überlegte ich immer: „Gibt es dort Brot?“ Das ist mir wichtig: Es stellt einen wesentlichen Bestandteil meiner Ernährung seit meiner Kindheit dar. Verzichten wäre schwer. Deshalb habe ich mir eine eigene Rezept-Sammlung für Brot „aus aller Herren Länder“ erstellt, ausprobiert und übertrage sie nun als Projekt auf Wildhefe statt Hefe, wandele sie also stark um, jedoch so, dass das Original, also die besondere, regionale Idee dahinter noch bestehen bleibt. 🙂 Das wird spannend………. 🙂

Brotrezept: Wildes Berlin à la Bioday

Ein Rezept, das uns super gelungen ist und das zu Berlin passt wie Bio zu uns….. 🙂

Wir haben 390 g aktives Hefewasser genommen und mit 500g selbst gemahlenen Weizenmehl vermischt. DIY-Vollkornmehl gibt einfach einen besonderen Geschmack, nicht zu vergleichen mit gekauftem Weizenmehl, das es eh zur Zeit nicht gibt. Doch Weizen ungemahlen, als ganzes Korn, bekommt man sehr gut, etwa beim Bio oder bei Drogerie-Discountern kiloweise. Dann mit zu einem Teig verarbeiten. Am besten abends und über Nacht gehen lassen. Mehrmals währenddessen durchkneten, vor dem Schlafengehen 🙂 . Am nächsten Morgen hast du einen wundervollen Teig, den du zu einem hohen Fladen formst. Mit etwas Wasser glätten, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen.Wir haben es noch mit Sesam betreut. Bei ca 220° 20 Min backen, schau aber immer nach. Aber vergiss nicht: eine hitzebeständige Schale mit Wasser in den Backofen stellen.

Verdrehte Welt: Schweizer Wurzelbrot

Dieses wirklich extrem leckere Brot haben wir stets gekauft: Es ist super. Doch derzeitig steigen die Preise, sie steigen…. sie steigen….sie steigen…es kann auf 10€ gehen 🙁 … Das Wurzelbrot ist ein herzhaftes, das entlang der Längsachse verdreht ist und deshalb einer knorrigen Wurzel ähnlich sieht. Auch von der Färbung der Kruste her. Es passt gut zu einer deftigen Brotzeit und ist ein typisches Brot für Besuch oder als Partybrot. Wir machen es nun selbst:

Wie bei jedem guten Brot ist eine vernünftige Zeitplanung wichtig:

Rezept für 2 Brote:

Dafür bereiten wir aus 140g Hefewasser, und 140g Weitenvollkornmehl, das wir selbst mahlen, einen Vorteig am Tag vorher zu.

Übrigens: Auch in großen Supermärkten bekommt man Getreidekörner, auch Weizen, noch sehr gut und günstig zu kaufen: Dort gibt es noch keine Engpässe, während die Mehlregale leer sind.

Alles gut vermischen, abdecken und mindestens 14 Stunden ruhen und reifen lassen.

Für den Hauptteig dann, wenn sich deutlich eine Veränderung, ein Wachsen und Brodeln beim Vorteig getan hat, nun aus 150g Wasser sowie nochmals 150g Hefewasser, 300g Weizenmehl, 250g Dinkelmehl, 5g Öl, am besten Rapsöl,du kannst aber auch alternativ geschmolzene Butter nehmen, falls du kein Öl hast. + dem Vorteig einen Teig bereiten. Noch ca 12 g Salz zuletzt dazugeben. Das Dinkelmehl mahlen wir auch selbst, Dinkel als Getreidekorn, bekommst du noch gut zu kaufen: Supermarkt, Drogerie-Discounter, in jedem Bio-Markt.

Sehr gut kneten. Dann auf ein Backblech geben, mit Backpapier und den Teig vorsichtig länglich formen, so 35 cm lang, damit er beim letzten Aufgehen schon in etwa die Form hat, die er braucht. Du kannst auch eine längliche Form als Maß nehmen und auch dort den Teig weiter gehen lassen, unter Führung quasi. 🙂 Falls er klebt, nimm Hartweizengrieß oder Mehl, so klappt das Ausformen. Vorsichtig längs mit einem scharfen Messer einschneiden, abdecken für 5 – 6 Stunden gehen lassen. Falls du eine Form genommen hast, musst du den Teig nun rausholen und auf das Backblech legen. Wir machen das immer ohne diese Hilfe: ohne Führung 🙂

Ab jetzt: Nicht mehr kneten. Da, wo du schon etwas eingeschnitten hast, nun in 2 Hälften durchschneiden, also den Teig längs halbieren. Du bekommst ja 2 Brote. Die Hälften jeweils witzig-urig verdrehen, nimm Mehl dazu, bis du 2 verdrehte Wurzelbrote hast. Nochmals so geformt 50 Min gehen lassen.

Bereite schon einmal eine feuerfeste Form vor und fülle sie mit Wasser, in den Ofen stellen, auf 230° einstellen. Die Brote nun für 15 Minuten backen, danach den Wasserdampf über die Backofentür vorsichtig (!) herauslassen, auf 200 °C herunterstellen und noch ca 25 Min backen. Schau nach, dass sie nicht zu dunkel werden, jedoch sollen sie durchaus eine dunkle Farbe bekommen. Wurzelig eben.

Abkühlen lassen …. und Gäste einladen! 🙂

Reisen wir nochmals nach Italien: PINSA Romana, die Alternative zur Pizza


Die finden wir so toll, dass wir ihr einen Extrabeitrag widmeten. Schau hier…..lohnt sich.

Schau wieder rein……...

Disclaimer:Bitte beachte:
Sämtliche von uns hier veröffentlichen Rezepte haben wir selbst ausprobiert, immer wieder verfeinert und angepasst. Trotzdem können wir keine Verantwortung dafür übernehmen, wenn dir ein Rezept nicht gelingt. Unsere Gesundheitsinformationen und Erfahrungen sind lediglich als Information gedacht & ersetzen nicht die professionelle Beratung u. Behandlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker. Wir übernehmen keine Haftung für Schäden, die in irgendeiner Art und Weise aus der Anwendung unserer Info’s entstehen, da wir lediglich unsere Erfahrungen weitergeben. Bei ernstzunehmenden Erkrankungen empfehle ich immer einen Arzt, Apotheker oder Heilpraktiker aufzusuchen




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