Und wer irgendwo an seinem Körper durch Feuer gebrannt wurde, der koche Leinsamen in Wasser bei großer Hitze und tauche ein leinernes Tuch in das Wasser, und lege es warm auf die Stelle, wo er gebrannt wurde, und das Tuch zieht die Verbrennung heraus“.
Hildegard von Bingen
Dieses Zitat von Hildegard von Bingen, das den Wert des Leinsamen verdeutlicht, gelangt wohl wieder so langsam in unseren Fokus. Es gibt zwar immer noch den Chia-Hype. Chiasamen ist ja auch manchmal, z.B. in Supermärkten, besser zu bekommen als Leinsamen. Doch obwohl Leinsamen viel mehr Inhaltsstoffe hat, dabei günstiger ist und eben nicht aus Übersee kommt , sondern „quasi um die Ecke“ wächst, schätzt man Leinsamen deutlich weniger. Das ändert sich langsam.
Noch etwas ist besonders: Wir können wirklich alle Teile des Falchses verwenden!
Leinsamen nennt man nämlich die Samen des Flachses, auch bekannt als gemeiner Lein. Schon über 5000 Jahren wird Flachs genutzt und gehört so zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Flachs nutzte man immer schon sowohl zur Anfertigung von Geweben (Leintuch, Leinwand) als auch als Nahrungsmittel. Das Wort Lein kommt wahrscheinlich von dem keltischen „lin“ (Faden). Der lateinische Name Linum (Lein) usitatissimum: Hier ist Nomen est Omen: Es heißt nämlich soviel „wie meist verwendet / am gebräuchlichsten“ und bezieht sich auf die vielfältige Verwendbarkeit. Den gesundheitlichen Nutzen machten sich z.B. auch schon Ärzte in der Antike zu Nutzen, wie die Hippokratiker, die den Leinsamen zur Behandlung von Sonnenbrand, Geschwüren, Husten und Darmträgheit empfahlen. Oder Theophrast (376 – 286 v. Chr.), der ein Schüler des Aristoteles war und eine „Geschichte der Pflanzen” verfasste: Er beschreibt ausführlich den Pflanzenschleim für medizinische Zwecke
Für uns gibt es zunächst zwei Hauptnutzungsarten: Das Leinöl/der Leinsamen zum Verzehr und die Fasern der Pflanze zur Textiherstellung. Kennst du sicher.
Wir zeigen dir hier noch weitere, eher nicht so bekannte Leinsamen-Nutzungen und du wirst überrascht sein!
Inhaltsstoffe, Wirkung und Anwendung
- Leinsamen ist ein kleines Nährstoffwunder. Unter den Pflanzen weist er den höchsten Gehalt an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren auf, darunter die essentielle alpha-Linolensäure (ALA). Du weißt das sicher: Omega-3-Fettsäuren sollen positiv auf Herz- und Blutgefäße, aber auch auf Nerven- und Gehirnzellen wirken und sollten im täglichen Speiseplan nicht fehlen.
- Die Linolensäure, die der Leinsamen in großen Mengen hat, wurde ja nun schon häufig hier genannt: Sie ist bekannt für ihre entzündungshemmende Wirkung.
- Ein zusätzlicher Nutzen der unscheinbaren kleinen Körner ist ihr hoher Gehalt an wasserlöslichen Ballaststoffen. Daher gilt Leinsamen als natürliches Mittel gegen Verstopfung.Vor allem in der Schale sind viele gute Schleimstoffe enthalten: Xylose, Galactose und Galacturonsäure binden im Darm Wasser und vergrößern sich dann um das Dreifache. Somit regen sie die Verdauung an und können sogar Giftstoffe im Darm binden.
- Darüber hinaus legen sich die Schleimstoffe quasi als Schutzschicht auf die Darmwände. All diese Eigenschaften helfen so bei etlichen Magen- und Darmproblemen, sogar beim Reizdarmproblem.
- Ja, auch bei einer Diät sind sie wertvoll, nicht nur als Nährstofflieferanten, sondern weil sie durch das Quellvermögen im Magen satt machen. Wie Flohsamen hast du das ultimative Papp-Satt-Gefühl, insbesondere bei geschroteten Leinsamen.
- Die „Körnchen“ sind eine herausragende Quelle für Lignane: Dies sind sekundäre Pflanzenstoffe, die zur Gruppe der Polyphenole gehören. Als leichtes Phytoöstrogen positivieren sie bei Frauen und Männern die Enzyme, die am Hormonstoffwechsel beteiligt sind. Damit können sie einen ausbalancierenden Effekt auf den Hormonhaushalt ausüben und sowohl Hormonmangel als auch -überschuss ausgleichen. Als Antioxidantien wirken Lignane zellschützend.
- Leinsamen sind reich an den Vitaminen B1, B2, B6 und E. Auch Folsäure ist enthalten, die für Zellwachstums sowie -teilungsvorgänge unverzichtbar ist.
- Leinsamen enthalten viel Calcium, was positiv für Knochen und Zähne ist, aber auch für deine Haut und Haare. Zusammen mit dem Vit E aus dem Leinsamen hilft es bei der Zellerneuerung und erhöht den Kollagengehalt der Haut, sodass sie fest und glatt bleibt.
Ganze Leinsamen wirken weniger intensiv auf die Verdauung als geschrotete. Sie werden z.T. unverdaut ausgeschieden. Daher sollte man geschroteten Leinsamen zu sich nehmen, der im vollen Umfang für dich wirkt. Jedoch gibt es dabei ein Problem: Du kannst ihn zwar geschrotet kaufen, doch wird Leinsamen aufgrund der so freigesetzten Fettsäuren schnell durch die Reaktion mit Sauerstoff ranzig. Was tun? Wir kaufen immer den ganzen Leinsamen und schroten ihn selbst: Das geht mit Kaffeemühlen, mit Küchenmaschinen, mit Pürierstäben und…und…und.
Unsere Vorliebe zur Zeit ist eine Ölpresse, mit der wir das allerbeste Öl selber machen, der “Abfall“ ist dabei ein Trester, der super gut für alles mögliche verwendet werden kann, auch als Ersatz für geschroteten Leinsamen: Er ist sogar teilentölt, hat so nicht mehr die volle Energiewucht in Kcal, aber alle Vorteile des Leinsamens: 1 Teel geschroteter Leinsamen hat immerhin – durch das enthaltene Öl – 37 Kcal.
Nicht vergessen, zum Leinsamen bitte ausreichend trinken, damit für den aufquellenden Effekt im Darmtrakt auch genügend Flüssigkeit zur Verfügung steht.
Es gibt übrigens dunklen und hellen Leinsamen ( siehe Bild ). Was du nimmst, ist egal, wobei der dunkle einen „Hauch“ mehr Nährstoffe hat.
Wer nur die positiven Effekte des Leinöls für sich nutzen möchte und auf die verdauungsfördernden Effekte des ganzen Samen verzichten kann, sollte täglich 1 bis 2 TL Leinöl zu sich nehmen – z. B. in der Salatsauce, in Quark eingerührt, auf Kartoffeln oder pur. Das Öl dunkel und nicht zu lange lagern, da es ebenfalls schnell ranzig werden kann.
Vergleich Chia/Leinsamen
Was ist der Unterschied zwischen Chia und Leinsamen?
- Beide Arten sind super gesund und eignen sich ganz toll für Müsli, Smoothies sowie als Zutat in Brot und Kuchen. Aufgrund ihrer guten Quellfähigkeit kannst du sowohl aus Chia als auch aus Leinsamen z.B. einen leckeren Pudding zubereiten. Wir erwähnten aber schon den Transport bei Chia, das ist wenig umweltfreundlich. Oft ist zudem selbst bei Bio-Chia die Herkunft nicht so eindeutig, eindeutig ist aber, dass Chiasamen einen weiten Weg hinter sich haben, wenn sie zu uns in die Geschäfte kommen. Warum sollte das sein?
- Dann der Preis: Chia ist wesentlich teurer als Leinsamen. Dazu kommt noch, dass er eine echte „Modeerscheinung“ ist: Überall ist Chia drin und wird so mit „gesund“ beworben.
- Im Vergleich zu Chia oder Flohsamen hat Leinsamen eine ganze Menge Phytoöstrogne in den Randschichten: Weder Chia-, noch Flohsamen können diese Substanzen aufweisen.
- Im Gegensatz zu den Chia Samen sitzt aber bei den Leinsamen die wichtige Polysaccharidschicht nicht außen auf den Samen, sondern in den Samenschalen. Deshalb wirken geschrotete Samen stärker als ungeschrotete. Diese Stoffe lösen sich aber auch beim Kochen. Chiasamen kannst du quasi „pur“, so wie er ist, konsumieren.
Fazit für uns: Wir brauchen nun unsere Chiareste auf und nehmen nur noch Leinsamen, stellen daraus Öl selbst her, Kosmetik und NEM!
Wusstest du aber, dass Leinsamen ein ganz außerordentlicher „Kosmetik-Stoff“ ist?
Du kannst ihn als Haargel, als Gesichtsgel, als Creme nutzen und als Magengel.
Rezept für Leinsamengel
Fällt dir etwas am Namen auf? Man könnte auch Leinsam-Engel lesen. Und so ist er: Ein „Engel für Haut und Haare“!
Zunächst das Grundrezept für Leinsamengel als Haargel / Gesichtsgel/ Magengel: Nimm 2 EL ganze Leinsamen. Es ist egal, ob du hellen oder dunklen nimmst, mit 300ml Wasser 1 x aufkochen und dann bei etwas niedrigerer Hitze einige Minuten köcheln lassen, bis die Flüssigkeit „schleimig“ wird. Du erkennst es auch daran, dass nun die Leinsamenkörnchen oben schwimmen, das ist der richtige Zeitpunkt. Nun abkühlen lassen, wobei er jetzt noch etwas weiter quillt. Daher nicht zu lange warten. 2 Minuten müssten hier reichen. Ist das Gel nämlich zu dick, kannst du es nicht mehr absieben. Wenn dir das passiert, solltest du ihn erneut in den Topf schütten und mit zusätzlich Wasser wieder verdünnen, bei mäßiger Hitze. Ist mir auch schon passiert, aber kein Problem. Jetzt abseien:
Gel aus Chai + Leinsamen
Du kannst das so machen, dass du eine Nylonsocke über ein Gefäß spannst und die Masse hineinschüttest. Das Gel tropft heraus. Ein Tipp: Nimm eine Gebäck- oder Grillzange und gleite mit ihr am Strumpf entlang, drücke ruhig ganz fest. So drückst du das Gel gut aus. Das machten wir beim ersten Mal so mit einer Masse aus Chia- + Leinsamen, da wir hörten, mit einem Sieb sei es viel schwieriger, weil „spülintensiv“ im Anschluss. Also das können wir nicht bestätigen: Wir nehmen jetzt einfach immer ein feines Plastiksieb, dass wir auch zur Kefir- und Qurakhersetllung nutzen, dafür muss es ja Plastik sein. Das klappt ganz ausgezeichnet. Etwas drücken mit einem Eßlöffelrücken und das Gel läuft wunderbar ab. Dann den Inhalt des Siebs mit dem gequollenen Trester in ein Schüsselchen schütten. Das Sieb abspülen und gut ist es. Den gequollenen Leinsamen kannst du entweder essen, mit Goji-Beeren lieben wir es, oder du kannst diese Masse noch 3 – 4x für die Gelherstellung nutzen! Das Gel nun in ein geeignetes Cremedöschen o.ä. füllen.
Als Haargel: Leinsamengel in das feuchte Haar verteilen und auch in die Kopfhaut einmassieren. Am besten über Nacht einwirken lassen. Dein Haar saugt die Feuchtigkeit so auf, dass du es nicht mehr ausspülen musst. Geht aber auch generell als Leave-In. Schau einfach, wie es für dich richtig ist. Es macht das Haar aber herrlich glänzend, verleiht Feuchtigkeit und Stand, repariert die Kopfhaut und regt dein Haar zum Wachstum an. Toll! Es ist wirklich nicht schleimig auf dem Haar, wenn es aufgesogen wurde. Das Haar fühlt sich rasch gesund und griffig an.
Gesichtsgel: Für das Gesicht ist es eine enorme Wirkung. Du kannst es „pur“ verwenden. Was sollen wir berichten? Versuche es mal. Der Effekt ist einfach ganz außergewöhnlich. Es zieht sowas von schnell ein, glättet die Haut, die Poren werden verkleinert…. Ich mache das oft 3x hintereinander.
Du kannst es so auch als Reinigung nehmen, als Cleaner oder als Feuchtigkeits-Booster: Dafür das Leinsamengel mit Rosenwasser oder Reiswasser so verdünnen, dass es für dich gut verwendbar erscheint. Du kannst es mit einem Kosmetiktuch auftragen oder in eine geeignete Sprühflasche füllen, toll im Sommer, so zwischendurch als Hauterfrischung. Danach trage ich stets ein besonderes Wirköl auf.
Es geht auch eine Verarbeitung als Creme: Dafür 2 Eßl Leinsamengel mit 2 Eßl Aloegel verrühren, dazu 1 Teel. Pflanzliches Glycerin + 2 Kapseln Vitamin E-Öl hineinrühren. Einige Stunden kühl stellen und wie Feuchtigkeitscreme nutzen. Durch das Vitamin E ist die Haltbarkeit zwar besser, doch oxidieren beide Hauptstoffe schnell, sodass es sich lohnt, nur eine kleine Menge herzustellen. Oder ein blickdichtes Glas verwenden.
Für die Gesichtsmaske: 2 EL geschrotete Leinsamen mit ca. 3 – 4 EL Wasser, auch gerne Rosenwasser oder Reiswasser, Grüner Tee… anrühren und etwas quellen lassen. Dann als Maske auf die gereinigte Haut geben. Am besten eine Tuchmaske darüber und ca 20 Minuten einwirken lassen. Dann vorsichtig abspülen und mit Tüchern abnehmen.
Effekt? Bei allen Anwendungen: WOW!
In einem anderen Beitrag werden wir dir zeigen, wie man das tolle Leinöl selbst herstellt, das soviel besser ist als das gekaufte, auch vom Geschmack…. Sobald der Test fertig ist, verlinken wir ihn hier.
Disclaimer: Bitte beachte:
Sämtliche von uns hier veröffentlichen Rezepte haben wir selbst ausprobiert, immer wieder verfeinert und angepasst. Trotzdem können wir keine Verantwortung dafür übernehmen, wenn dir ein Rezept nicht gelingt oder du etwas nicht verträgst. Auch sind unsere Hinweise auf die Wirkweisen von Pflanzen nicht als Therapie behandlungsbedürftiger Krankheiten gemeint oder sollen etwa einen Arztbesuch ersetzen. Da wir mit natürlichen, nicht kontrolliert gezüchteten Pflanzen arbeiten, sind auch verschiedene Ergebnisse der gleichen Rezepte möglich – abhängig von z.B. Sammelort und -zeit. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir weder Mediziner:innen noch Kosmetiker:innen sind. Demnach basieren alle von uns hier getroffenen Aussagen über Wirkungsweisen und Eigenschaften der einzelnen Rohstoffe und Rezepte auf persönlichen Erfahrungen bei ihrer Verwendung. Sie dienen lediglich der Information und dem Zeitvertreib und stellen in keiner Weise Heilversprechen o.ä. dar. Wir weisen zudem deutlich darauf hin, dass weder Linderung von Problemen oder Krankheiten garantiert oder versprochen werden. Die Inhalte können keine persönliche Beratung, eine Untersuchung oder Diagnose durch einen Arzt oder Therapeuten ersetzen und du solltest diese Informationen auch nicht dazu nutzen, Eigendiagnosen zu stellen oder dich selbst zu therapieren. Das Selbst-Erstellen der Rezepte geschieht somit auf eigene Gefahr.
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